Wie Unternehmen im Landkreis Stade nach Fachkräften suchen

Neben Inflation, Energiekrise und den Corona-Auswirkungen bereitet der Fachkräftemangel vielen Unternehmen große Sorgen. Auch wird es immer schwieriger, Azubi-Stellen zu besetzen, um Eigengewächse – also die Fachkräfte von morgen – zu etablieren. Dass es in vielen Bereichen schlichtweg zu wenige Fachkräfte gibt, ist bekannt. Umso mehr muss ein Unternehmen also richtig machen, um die begehrten Arbeitskräfte für sich zu begeistern. Doch ist das auch bei den Unternehmen und Behörden im Landkreis Stade angekommen? Wir gehen dem Ganzen auf die Spur.

Mehr als die Hälfte der Print-Anzeigen kommen aus dem Öffentlichen Dienst

Als wir Anfang März 2023 zu diesem Thema recherchieren, sind im Jobportal „Stepstone“ 265 Stellenanzeigen mit dem Standort Stade und 20 Kilometern Umkreis gelistet. In der Printausgabe des Stader Tageblatts wurden am Samstag, 4. März 2023 insgesamt 22 gestaltete Stellenanzeigen veröffentlicht. Nicht mitgezählt sind die verlagseigenen sowie kleine Text-Anzeigen. Auffällig ist: Fast 60 Prozent der gestalteten Anzeigen sind von Behörden oder Einrichtungen, die dem Öffentlichen Dienst zugeordnet sind. Die anderen verteilen sich auf das Handwerk, die Gastronomie und auf Handels- sowie Dienstleistungsunternehmen. Im Neuen Stader Wochenblatt ist das Bild ähnlich.

Die Zukunft liegt im „Social Recruiting“

Experten und Studien sind sich dagegen einig, dass ganz andere Kanäle eine entscheidende Rolle bei der Personalsuche spielen können: nämlich die sozialen Netzwerke. Und irgendwie erscheint es auch logisch. Denn eine Stellenanzeige ist nichts anderes als Werbung. Und Werbung ist nun mal dort am wirksamsten, wo sie die meisten Menschen aus der jeweiligen Zielgruppe auch sehen. Die aktuelle ARD/ZDF Online-Studie aus dem Jahr 2022 zeigt, dass 100 Prozent der 14 bis 49-Jährigen täglich das Internet nutzen. Bei den 50 bis 69-Jährigen sind es 95 Prozent. Die sozialen Netzwerke nutzen 88 Prozent aller 14 bis 29-Jährigen täglich. Bei den 30 bis 49-Jährigen sind es 69 Prozent. Bei den 50 bis 69-Jährigen sind es immer noch 33 Prozent. Auf den ersten drei Rängen der am meisten genutzten Portale liegen laut der Studie Facebook (35 Prozent), Instagram (31 Prozent) und TikTok (14 Prozent).

Bis zu 120.000 Instagram- und Facebook-Nutzer im Landkreis Stade

Und genau hier beginnt das eigentliche Problem: die meisten Unternehmen und Behörden suchen ihr Personal eben nicht über diese Kanäle, obwohl sie stärker frequentiert sind wie jede Jobplattform oder Zeitung. Laut dem Zielgruppenmanager von META, zu dem Instagram und Facebook gehören, nutzen etwa 100.000 bis 120.000 der 15 bis 65-Jährigen aus dem Landkreis Stade Facebook und/oder Instagram. Das entspricht einem Anteil von etwa 75 Prozent in dieser Altersklasse in unserer Region und entspricht damit in etwa den Zahlen der oben genannten Studie. Bei den über 50-Jährigen sind es immer noch ca. 25.000 bis 30.000 Personen. Das Potential ist also riesig.

Nur wenige Unternehmen nutzen das Potential

Nur wenige Unternehmen im Landkreis Stade werben nach unserer Recherche auch wirklich aktiv in den sozialen Netzwerken – also dort, wo sich die Menschen heutzutage aufhalten. In Bezug auf das Personalmarketing sind die wenigen „Best Practice-Beispiele“ aus der Region die Elbe Kliniken Stade-Buxtehude, die Hochschule21, der Spargelhof Werner und das Modehaus Stackmann. Auch die Polizeiinspektion Stade bespielt ihre Accounts kreativ – wenn auch nicht mit dem Fokus auf das Personalmarketing. Doch das muss auch nicht zwingend sein. Wer eine gute Vorarbeit in den sozialen Netzwerken leistet und zahlreiche Follower generiert, wird es am Ende leichter haben, Stellen zu besetzen. Denn die gewonnenen Follower stehen dem Unternehmen erst mal positiv gegenüber und sind ab Tag Eins kostenfrei erreichbar. Hier kommt das sogenannte „Social Recruiting“ ins Spiel.

Wie funktioniert „Social Recruiting“?

Das Social Recruiting wird in zwei Teile unterteilt:

  1. Das Einblenden von Werbemaßnahmen (z.B. in Sozialen Netzwerken)
  2. Die aktive Ansprache von Kandidaten (z.B. via XING oder LinkedIn)

Wir befassen uns mit dem ersten der beiden Punkte. Besonders wichtig ist, dass das jeweilige Unternehmen die Sozialen Netzwerke nutzt. Und das nicht nur „irgendwie“. Für viele Nutzer sind Instagram, Facebook oder TikTok ein ganzer oder teilweiser Ersatz für das Fernsehen, für News-Seiten oder für das Radio hören. Das bedeutet: die Nutzer wollen unterhalten werden. Langweilige Bilder oder das Posten von klassischen Stellenanzeigen sind hier absolut tabu! Die Profile müssen mit spannenden Themen (z.B. Blicke hinter die Kulissen, nette Geschichten, Witziges, Hilfreiches) regelmäßig bespielt werden. Bedeutend sind hierbei immer gute Fotos. Noch besser und häufiger angesehen werden mittlerweile kurze authentische Videos (kein Hochglanz-Image-Video!). Man kommt an einer regelmäßigen guten und kreativen Pflege der Social Media Profile tatsächlich nicht herum. Das ist heutzutage für die meisten Unternehmen (je nach Zielgruppe) absolut entscheidend und letztlich möglicherweise auch zukunftsweisend. Als Unternehmer kann man sich nun mal nicht mehr vor den Kanälen verstecken, die etwa 75 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter nutzen.

Um die Zielgruppen über die Sozialen Netzwerke zu erreichen gibt es im Schwerpunkt zwei Möglichkeiten. Möglichkeit 1: Wer über eine gewisse Zeit eine hohe Anzahl an Followern generiert hat, wird womöglich Glück haben und mit nur einem kostenlosen Posting neues Personal finden. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Ankerherz Verlag aus Hollenstedt (Landkreis Harburg). Der kleine Verlag hat sich eine so große „Fanbase“ in den sozialen Netzwerken aufgebaut, dass die Menschen teilweise kommentieren, dass sie dort gerne arbeiten möchten. Doch zugegeben: das gelingt nur den wenigsten Arbeitgebern und ist harte Arbeit.

Zielgruppengesteuerte Werbeanzeigen

Möglichkeit 2: zielgruppengesteuerte Werbeanzeigen. Anders als bei den meisten Jobportalen oder in der Zeitung, fallen dabei nur Kosten an, wenn konkrete Interessenten auch tatsächlich auf die Anzeige klicken. Das maximale Budget wird dabei im Voraus festgelegt und kann auch nur wenige Euro betragen. Das bedeutet: Es wird zuvor eine regionale Zielgruppe definiert und darüber gesteuert, wer die Anzeige überhaupt sehen soll. Schließlich bringt es nichts, wenn eine Pflegekraft einen Job in der Buchhaltung angezeigt bekommt. Nur wenn jemand aus dieser Zielgruppe auf die Anzeige klickt, fallen Kosten an. Der Klickpreis variiert und liegt meistens zwischen 0,30 und 0,60 Euro.

Zum Vergleich: für eine Schaltung in einem Jobportal oder in einer Zeitung sind ganz schnell 500 bis 2.000 Euro pro Anzeige ausgegeben. Dabei gibt es keine Garantie, ob die Anzeige überhaupt gesehen wird. Die Kosten fallen trotzdem an. Eine zielgruppengesteuerte Werbeanzeige in den Sozialen Netzwerken bietet deshalb viele Vorteile:

  • Anzeige wird nur von einer definierten Zielgruppe gesehen
  • Maximale Kostenkontrolle durch Angabe eines Maximalbudgets
  • Kosten in der Regel sehr niedrig (ca. 0,30 bis 0,60 Euro je Klick)
  • Kurzer Weg zur Bewerbung via Direktkontakt über Nachricht oder Verlinkung auf die Website
  • Zusatznutzen: Digitale Sichtbarkeit der Marke und evtl. langfristige Steigerung der Follower-Zahlen

Fazit: Wer nach Außen verstaubt wirkt, kann nicht glänzen

Für die meisten Branchen gilt: Wer sich auf dem Fachkräftemarkt gegenüber seinen Konkurrenten behaupten will, ist auf gute Social Media-Arbeit und den Einsatz von Bewegtbild angewiesen. Voraussetzung ist, dass der Inhalt kreativ, unterhaltsam und „echt“ ist. Letzendlich ist dies trotzdem nur eine von vielen Maßnahme aus einem riesigen Instrumentierkasten, wo Jobportale und Regionalzeitungen genauso ihren Stellenwert haben. Das Gesamtpaket muss eben stimmen. Social Recruiting ist ganz klar einer der wichtigsten Teile dieses Paketes und ist letzendlich nur eine logische Konsequenz. Man kann die Menschen schließlich nur dort erreichen, wo sie sich aufhalten. Ob man die sozialen Netzwerke mag oder nicht: wer mittel- und langfristig in einer immer digitaler werdenden Welt unternehmerisch erfolgreich sein möchte (und dazu zählt auch, Fachpersonal zu haben), ist gezwungen, sich digital in Szene zu setzen. Das fängt bei der Suche nach Fachkräften an. Wer sein Personal zudem halten will, muss dem Wettbewerb stets Voraus sein. Work-Life-Balance, Home Office, 4-Tage-Woche und „Feel Good-Manager“ lassen grüßen. Wer nach Außen verstaubt wirkt, kann bei Fachkräften kaum glänzen.

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