Für die knapp 35 Pendler ist es eine Tragödie, für eine maritime Region praktisch der Verlust eines Teils seiner DNA: Die Lühe-Schulau-Fähre, die zwischen Grünendeich im Alten Land und Wedel hin und her pendelt, fährt ab dem Jahr 2025 nur noch halbjährig. In der Zeit von Oktober bis einschließlich März herrscht dann Stillstand. Die Pendler sind ab Oktober 2025 in den Herbst-, Winter- und Frühjahrsmonaten größtenteils darauf angewiesen, die Strecke durch den Elbtunnel zu pendeln. Die Fahrtzeit wird sich für die meisten mit dem Auto mehr als verdoppeln. Mit der Bahn dauert eine Fahrt von Stade nach Wedel sogar rund 2 Stunden. Die Fahrt mit dem Schiff dauerte nicht einmal 30 Minuten zzgl. Anfahrt zum Hafen.
Noch bedeutender: Damit verliert die gesamte maritim geprägte Region nach dem Wegfall der „elblinien“ im Oktober 2023 einen Großteil der Personenschifffahrt. Zur Wahrheit gehört: Mit etwa 400.000 Euro kalkulieren die Gesellschafter (Landkreis Stade: 35 Prozent, Stadt Stade: 25 Prozent, Wedel: 20 Prozent, Lühe und Jork: je 10 Prozent) das jährliche Defizit aktuell. Viel Geld, das in Zeiten von Krisen und Kostensteigerungen an anderen Stellen fehlen würde. Da zudem nur ein Schiff im Einsatz ist, werden entsprechende Zeiten für Wartung und Reparaturarbeiten benötigt. Die Wintermonate sind darüber hinaus bei weitem nicht so stark frequentiert wie die Sommermonate.
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage: Kann sich eine maritime Region den Wegfall sämtlichen Schiffverkehrs in der Hälfte eines Jahres rein vom Image erlauben? Hier werden die Meinungen sicherlich auseinandergehen. Dass die historische Schifffahrt und der maritime Charakter der Region in der Außendarstellung und damit für den Tourismus eine erhebliche Rolle spielen, ist offensichtlich. Wer schon mal am Wasser Urlaub gemacht hat, kennt den Wunsch nach Schifffahrt. Da stellt sich meistens gar nicht die Frage, ob man eine Ausflugsfahrt macht, sondern plant sie ganz fest ein. Dass das in der gesamten Region – mit Ausnahme einzelner Fahrten mit historischen Schiffen – künftig nur noch auf die Sommermonate begrenzt ist, ist in diesem Zusammenhang irgendwie schwer verdaulich. Da wird der eine oder andere Tourist ganz schön in die Röhre gucken.
Andererseits zeigt es eindeutig, dass die Touristen in den Wintermonaten, aber auch generell, andere Ziele bevorzugen. Die „Weihnachtsstadt des Nordens“ zum Beispiel, nämlich Lübeck, zählt nur 5 bis 10 Prozent mehr Einwohner als der Landkreis Stade, aber rund doppelt so viele Touristen pro Jahr. Alleine bis zu 2 Millionen Weihnachtsmarktbesucher hat die Hansestadt jährlich. Auch wenn das ein Extrembeispiel ist, das nicht auf unsere Region adaptierbar ist, wird deutlich: Der Landkreis Stade hat viel maritime Konkurrenz, die auch im Winter viel zu bieten hat und nicht schläft. Sei es einen beliebten Weihnachtsmarkt, eine Therme oder Wellness-Hotels. Das wiederum belebt eine Region und fördert den gesamten Ausbau der Infrastruktur. Davon profitieren nicht nur die Wirtschaft und die Innenstädte, sondern auch der ÖPNV, der Straßenausbau und vielleicht auch ein kleines Schiff auf der Elbe mit seinen 35 Pendlern.